Landen die Deutschen zu oft unterm Messer?
in Alles, was sonst nirgendwo reinpasst! 13.12.2011 20:15von Ulrike • Admin | 731 Beiträge
Landen die Deutschen zu oft unterm Messer?
Debatte über Sinn von vielen OPs - Zweitmeinung wird wichtiger
von Christian Busse
Wird in Deutschland zu viel operiert? Oder in anderen Ländern zu wenig? Darüber tobt ein erbitterter Streit unter Medizinern. Patienten sind verunsichert, viele holen eine Zweitmeinung ein. heute.de hat bei Medizinern nachgefragt.
07.12.2011
Wer bei drei nicht auf den Bäumen ist, kommt auf den OP-Tisch. So ähnlich liest sich die aktuelle Diskussion darüber, ob an Deutschlands Kliniken zu viel operiert wird. Besonders im Blickpunkt dabei: die Zweitmeinung.
"Oft zu schnell und zu unbedacht"
Einer, der das Thema maßgeblich mit angeschoben hat, ist Hans Pässler. Der Mediziner mit Fachgebiet Kniegelenkschirurgie ist Vater des Online-Angebotes "Vorsicht! Operation", das seit einigen Monaten das Einholen einer Zweitmeinung vor chirurgischen Eingriffen erleichtern soll. Der emeritierte Professor aus Heidelberg gehört zu den Kritikern des deutschen Operationswesens: "Alleine im Jahr 2010 hat die Zahl der Operationen in Deutschland um fünf Prozent zugenommen. Das ist kaum erklärlich ohne Bevölkerungszuwachs. Die Zahlen der OPs am Bewegungsapparat liegen in Deutschland 70 Prozent über denen in Nachbarländern."
"Oft zu schnell und zu unbedacht" lautet seine Diagnose in Sachen Operationskultur. So wie bei einem Theologen in den Dreißigern, der kürzlich ein Zweitgutachten bei ihm angefordert hatte. "Eigentlich wollte der Mann vor einer geplanten Alpenüberquerung nach zwei Wochen Schmerzen nur vom Arzt überprüfen lassen, ob das Knie die lange Wanderung auch mitmacht", erzählt Pässler. Stattdessen bekam er den Befund: Eine sofortige Operation sei nötig. "Der Mann hat sich an mich gewandt. Ich habe nach seiner Beschreibung eine MRT-Aufnahme angefordert, die bis dahin nicht gemacht worden war. Sie folgte später, und darauf war eine abgeklungene Schleimbeutelentzündung zu sehen. Eine OP war absolut nicht indiziert."
Intaktes Vertrauensverhältnis als Basis
Muss ich wirklich operiert werden? Ist die Art der Operation die richtige? "Wer sich diese Fragen stellt, sollte eine Zweitmeinung einholen", sagt auch Hartwig Bauer, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH). Nach seiner Erfahrung resultiert eine Verunsicherung des Patienten oft aus unzureichenden oder unverständlichen Erklärungen durch den Arzt. "Ein intaktes Vertrauensverhältnis basiert auch darauf, dass der Arzt sich die nötige Zeit nimmt und die Sprache des Patienten spricht", so der Mediziner.
Ärzte-Portal gegen überflüssige OPs (ZDF heute journal, 15. August 2011)
Dass eine Zweitmeinung dem Patienten durchaus angeboten werden soll, stehe schon länger in der Berufsordnung. "Und mit dem Patientenrechtegesetz, das gerade auf dem Weg ist, gehen wir davon aus, dass ein grundsätzliches Recht auf eine Zweitmeinung eingeführt wird", sagt Bauer. "Einige Krankenkassen haben bereits eigene Modelle dafür entwickelt, und mit dem Gesetz wird es dahin gehen, dass alle Kostenträger eine Lösung für das Einholen von Zweitmeinungen anbieten."
Ob in Deutschland tatsächlich zu viel operiert wird? Da hat Chirurgen-Vertreter Hartwig Bauer seine Zweifel: "Länder wie Großbritannien, mit denen Operationszahlen in Deutschland verglichen werden, haben massive Probleme in ihrem Gesundheitssystem." Da müsse man auch die Frage stellen: Operieren die nicht zu wenig? "Hinzu kommt außerdem, dass deutsche Patienten beispielsweise bei Knieprothesen regelrecht von sich aus zur Operation drängen. Sie wollen diesen Eingriff", so der Generalsekretär des Chirurgenverbands.
Halb zog sie ihn, halb sank er hin: Ihren Teil an steigenden Operationszahlen, so Kritiker Hans Pässler, trage auch die Ärzteschaft. "Jede Klinik will Gewinn erwirtschaften. Und der Chefarzt ist über ein Bonussystem daran beteiligt." 70 Zweitmeinungen habe er im Rahmen des Webdienstes "Vorsicht! Operation" bereits angefertigt, "60 Prozent der geplanten Operationen wären unnötig gewesen". Das zeige einen ähnlichen Trend wie eine Untersuchung der AOK Baden-Württemberg, bei der sich 40 Prozent geplanter Operationen als überflüssig herausgestellt hatten.
Aber was taugt eine Zweitmeinung nach Aktenlage - wie ihn Pässlers Internetseite anbietet - ohne den Patienten zu sehen? "Genau so wird in den Kliniken doch tagtäglich gehandelt", erklärt der Heidelberger Mediziner. "Der Chefarzt entscheidet meist nur anhand der Krankenakte, welche Behandlung und damit auch welche Operation in Frage kommt."
Quelle: ZDF heute.de
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Ein einziger Sonnenstrahl reicht hin,
viel Dunkel zu erhellen.
Franz von Sales

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